„Das neue Präventionsgesetz“

Als Gesundheitsziele der neuen Präventionsstrategie werden die Verhinderung und Minderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) und die Förderung des selbstbestimmten, gesundheitsorientierten Handelns (Gesundheitsförderung) genannt. Erstmals wird es in Deutschland eine koordinierte Präventionsstrategie geben. Bislang nahmen die beziehungslosen „Parallelwelten“ der allgemeinen Gesundheitspolitik und des Arbeitsschutzes voneinander kaum Notiz.

Auch andere Parallelwelten wie z.B. die der Rentenversicherung und der Arbeitsmarktpolitik entwickelten sich ressortgebunden unabhängig voneinander. Nach dem neuen Gesetz soll nun die Gesundheitsförderung und Prävention insbesondere in den Lebenswelten weiterentwickelt und gestärkt werden.

Denken in Lebenswelten

Lebenswelten sind abgrenzbare soziale Systeme des Wohnens, Lernens, Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung. Dazu gehört auch die Arbeitswelt, die zwar in der Aufzählung fehlt, das Gesetz nimmt aber Bezug auf das flächendeckende System der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung.

Das PrävG legt die Grundlagen für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Lebenswelten. Es schafft klare Vorgaben und Regelungen für  die Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger, Länder und Kommunen und anderer Akteure in der Prävention. Sie sind in neue Kooperationsstrukturen eingebunden. Das zentrale Gremium ist die Nationale Präventionskonferenz, die eine Präventionsstrategie entwickelt. Sie wird durch Vereinbarungen und Empfehlungen von den Sozialversicherungsträgern untereinander sowie mit den Ländern und Kommunen und weiterer Akteure in der Prävention vor Ort umgesetzt.

Zum Weiterlesen:  Grossmann, B., Nationale Präventionskonferenz und Präventionsforum. ASU, 51,06.2016.

Kranken- und Pflegekassen bezahlen

Die Finanzierung erfolgt durch eine Verdoppelung der Leistungen der Krankenkassen und Pflegekassen für jeden Versicherten ab 2016. Künftig stehen rund 511 Millionen Euro für Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung aus Beitragsmittel der GKV Versicherten zur Verfügung. Die privaten Krankenkassen können sich mit jährlich 18 Millionen beteiligen. Die Leistungen zur Prävention werden also vor allem von den gesetzlich Versicherten bezahlt – es fehlen steuerfinanzierte Anteile.

„Großer Fortschritt!“

Tamara Hammer und Bruno Zwingmann meinen in ihrem Beitrag zu Recht, dass die neuen Regelungen „einen wirklich großen Fortschritt“ darstellen. Das PrävG ist zwar nach wie vor beschränkt auf das Gesundheitsressort, es bietet aber ressortübergreifende Kooperation nicht nur auf Bundes-, sondern vor allem auf Länder und regionaler Ebene.

Zum Weiterlesen: Hammer, T. & Zwingmann, B. Das neue Präventionsgesetz – Was bedeutet es für die Arbeitswelt? Sicherheitsingenieur, 01/216, 8-12

Das neue Präventionsgesetz – Arbeitsschutz und BGF

Die Krankenkassen unterstützen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bei ihren Aufgaben zur Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren. Sie unterstützen insbesondere den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Unter Beteiligung der Versicherten und der Verantwortlichen des Betriebs sowie der Betriebsärzte und SIFA entwickeln sie Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten und unterstützen deren Umsetzung.

Das klingt für den Arbeitsschützer vertraut, auch wenn andere Begrifflichkeiten benutzt werden. Die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) finden sich nun auch in der nationalen Präventionsstrategie wieder. Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein Ziel – hier werden die Gesundheitsziele der GDA übernommen, somit auch die Prävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Zukünftig wird es eine Unterstützung von GDA Psyche und GDA (Muskel-Skelett Erkrankung) MSE durch Krankenversicherung und ggf. durch die Rentenversicherung geben.

Verhältnis- und Verhaltensprävention

Auch der  PrävG Ansatz folgt der Entwicklung struktureller und individueller Ressourcen, also der Verhältnis- und Verhaltensprävention. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und die betrieblichen Arbeitsschutzstrukturen stellen die Grundlagen für die weitere Entwicklung der gesundheitlichen Situation im Betrieb dar. Die BGF Maßnahmen sollen der Prävention konkreter arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren dienen. Werden sie durch Maßnahmen der Krankenkassen in anderen Lebenswelten ergänzt, könnte das ein entscheidender Fortschritt in der Bekämpfung der häufigsten Krankheitsursachen sein. Schon lange ist bekannt, dass die Ursachen für Herz-Kreislauferkrankungen oder MSE-Erkrankungen zu 20 bis 30 Prozent im betrieblichen Bereich, zum überwiegenden Teil aber in den anderen Lebenswelten liegen, auch in der Freizeitgestaltung.

Für die Kooperation mit den Arbeitgebern von KMUs sollen neue gemeinsame Stellen und Vernetzungen aufgebaut werden.

Nationale Präventionskonferenz und Präventionsforum

Auf Bundesebene wird eine Nationale Präventionskonferenz (NPK) geschaffen, die eine Nationale Präventionsstrategie erarbeitet und weiter entwickelt. Die NPK verabschiedet trägerübergreifende Rahmenempfehlungen für gemeinsame Ziele, Handlungsfelder und Zielgruppen. Durch die verpflichtende Teilnahme der  Gesetzlichen Krankenversicherung, Sozialen Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Unfallversicherung sowie der bedeutsamen Akteure auf Bundes- und Landesebene ist sichergestellt, dass eine verbesserte Zusammenarbeit unter Berücksichtigung einheitlicher Gesundheitsziele erreicht wird. Hier werden die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie einfließen.

Die NPK wird beraten durch ein Präventionsforum, das einmal jährlich tagt. Es setzt sich aus Vertretern der für die Prävention maßgeblichen Organisationen sowie den Mitgliedern der NPK zusammen. Das Forum dient als Plattform für den regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen diesen Kooperationspartnern. Da es sich nicht um ein Gremium handelt, gibt es keine Mitgliederliste. Die Teilnehmer werden nach sachgebundenen Kriterien eingeladen, die an der Geschäftsordnung der NPK orientiert sind. Die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) führt das Präventionsforum durch und sorgt für die nötige Kontinuität. Derzeit sind 130 Organisationen Mitglied des BVPG.

Zum Weiterlesen:  Grossmann, B., Nationale Präventionskonferenz und Präventionsforum. ASU, 51,06.2016.

Bernhard Zimolong