Kaum eine andere Person hat den unternehmenskulturellen Charakter von PASIG so lange und so persönlich geprägt wie Gerd. Er hat die Workshops, aus denen der Fachverband hervorging, mit Graf Hoyos gegründet und über die letzten Jahrzehnte alle Workshopbände inhaltlich und als Verleger mit überarbeitet, weil er ja auch habilitierter und promovierter Fachmann war. Durch seine Praxiserfahrungen und als Verleger verkörperte er geradezu die von uns angestrebte Vermischung aus Forschung, Praxis und Multiplikatoren. Aber auch seine Herangehensweise an die Verbreitung der Inhalte war äußert "Gemeinwohl" orientiert. So schenkte er dem Fachverband eine große Menge Fachbücher, auch und besonders auf den Workshops. Er half vielen zu veröffentlichen und war immer als bescheidener, stiller und freundlich unterstützender Mensch dabei. Oft hat er auch vermittelt, wenn einige übermotivierte Charaktere wieder auf das gemeinsame Ziel hin eingefangen werden mussten. In den 35 Jahren unserer Zusammenarbeit habe ich ihn nur unterstützend und positiv erlebt. Auch in den letzten Wochen kam noch einmal ein ungeheuer schönes und aufbauendes Feedback von ihm. Ich war ebenso übverrascht von seinem Tod wie die meisetn anderen hier und wünsche ihm auf seinen weiteren Wegen, ob und wie auch immer sie aussehen mögen, alles Liebe und Gute. Wir werden ihn durch die Erinnerungen weiterleben lassen und den Gemeinschaftsgeist, der ihm so wichtig war, fortführen Herzliches Beileid an alle, die ihm nahestanden.

Meine langjährige Freundschaft mit Gerd war eine ganz besondere. Es war eine Freundschaft, die ihren Ursprung hatte in intensiver, vertrauter und wertschätzender beruflicher Zusammenarbeit an gemeinsamen Zielen. Die Ziele waren, die Bedeutung der Arbeitspsychologie einerseits wissenschaftlich basiert, andererseits auf allen Ebenen der Arbeitswelt in praxisbezogener Weise zugänglich und umsetzbar zu machen, u. a. durch Gründung von PASiG und der Workshop-Reihe. Auf dieser Basis und der Persönlichkeit von Gerd hat sie sich erweitert auf eine intensive private Freundschaft. Ich habe mit Gerd berufsbedingt viel Zeit verbracht, aber auch privat. Ich habe viele Grillfeste mit Gerd und anderen gefeiert, aber auch ungewöhnliche Künstler kennenlernen dürfen, sei es im Rahmen von Bilder-Vernissagen in der Scheune oder anderen kreativen Festen in Bödldorf und anderswo. Ich könnte ein ganzes Buch über die Freundschaft schreiben. Hier nur wenige biografischen Stichworte zu unserem gemeinsamen Weg. Ich hatte nach dem Studium derArbeitspsychologie mehrere Jahre in angewandten Forschungsprojekten des Regierungsprogramms "Humanisierung des Arbeitslebens" gearbeitet und viele wertschätzende Kontakte mit den zentralen Akteuren aufbauen können, darunter auch mit Prof. Graf Hoyos. Als ich danach in eine leitende Tätigkeit der damaligen BG Chemie wechselte und den expliziten Auftrag hatte, mit allen geeigneten Mitteln ein Referat Arbeitspsychologie personell und inhaltlich zu etablieren, kreuzten sich erneut die Wege mit Prof. Graf Hoyos und damit Gerd als seinem Assistenten. Insofern war es wohl folgerichtig, dass ich zu der kleinen handverlesenen Gruppe gehörte, die zum 1. Workshop in München eingeladen wurde. Dann hatte ich mich um die Finanzierung und Ausrichtung des 4. Workshops in der BG Chemie beworben. Ab dem Moment begann meine intensive berufliche und private Freundschaft mit Gerd. Wir haben die Numerierung der Bände begonnen, an der wiedererkennbaren Covergestaltung der Workshop-Bände gearbeitet. Gerd hatte den Band verlegt. Damals gehörte der Asanger-Verlag ihm noch nicht. Dann hatte ich Gerd in Seminaren der BG Chemie für das obere Topmanagement der chemischen Industrie eingeführt. Er hatte die besten Seminarbeurteilungen, die in diesen Seminaren je ein externer professoraler Dozent hatte. Ab dann standen ihm natürlich auch in vielen anderen Unfallversicherungsträgern die Türen offen und er hat dort hervorragende Arbeit im Sinne unserer Ziele geleistet.. Dann haben wir uns intensiv, natürlich immer auch in Zusammenarbeit mit anderen, mit der Satzung und dem Logo von PASiG auseinandergesetz. Wir gehörten beide zu den Gründern und wurden Mitglieder im 1. Vorstand. Ich finde es richtig und gut, dass Rüdiger Trimpop nächstes Jahr einen Workshop zum Gedenken an Gerd organisieren möchte. Ich habe mir fest vorgenommen, wenn möglich - ich werde demnächst 76 Jahre alt - mich als vielleicht dienstältesten Zeitzeugen zu engagieren und zu begründen, warum es sich lohnt, die Arbeit von Gerd weiterzuführen, auch wenn die Bedingungen dafür heutzutage nicht einfach sind und wir nicht wissen, ob und wie wir die verlegerischen Kompetenzen von Gerd kompensieren können.

Es fing alles mit dem 180-seitigen Büchlein "Arbeitssicherheit und Gesundheit - Psychologisches Grundwissen" an, auf das mich Rainer Wieland während der Betreuung bei meiner Diplomarbeit im Jahre 1999 aufmerksam machte. Vorhin habe ich das Buch aus dem Regal gezogen, darin geblättert, zahlreiche Post-its und noch mehr Randnotizen gefunden - so wurden mir wieder viele gute Erinnerungen zugänglich. Unter anderem meine erste persönliche Begegnung mit Gerd auf dem 11. Workshop 2001, wo er mir sofort das "Du" anbot und mir den Workshop aus seiner Sicht als Mitbegründer und Kümmerer erläuterte. Damit hatte er mich mit an Bord: Seit 2001 war ich fast auf jedem Workshop als aktiver Teilnehmer. Inzwischen ist das Buch nicht mehr allein im Regal, sondern bettet sich in ca. einen Meter gute Nachbarschaft mit vielen anderen Büchern von Gerd ein. Ich bin dankbar für die letzten 25 Jahre, in denen man sich persönlich oder in Schriftform begegnet ist. Die guten Erinnerungen bleiben.

Unsere Wissenschaft und unser Fortschritt leben von Ideen und von Initiativen. Gerd Wenninger hat Ideen und Initiativen gelebt und in die Praxis umgesetzt. Daher ist er für mich ein Vorbild.