Tätigkeitsfelder, Weiterbildungsbereitschaft und –bedarf sowie universitäre Ausbildungsangebote für Arbeits-/Wirtschaftspsychologen

Eine Bestandsaufnahme

Die Bestandsaufnahme von 2008 enthält Angaben zu  Arbeitgebern, Tätigkeitsfeldern, universitären Ausbildungsangeboten und Weiterbildungsbedarfen der im Arbeits- und Gesundheitsschutz (AGS) tätigen Psychologen (Zimolong, 2009). Die  universitären Ausbildungsangebote für Studierende der Psychologie für die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)  wurden 2012 durch eine weitere internetgestützte Dokumentenanalyse von Vorlesungsverzeichnissen an allen deutschen Universitäten ergänzt (Zimolong, Günther & Damke, 2012)

Arbeitgeber

Die überwiegende Mehrzahl der Arbeits-/Wirtschaftspsychologen (65%) ist in der Praxis, 35% an der Hochschule und in Forschungseinrichtungen, z.B. der Berufsgenossenschaften oder des Bundes tätig. Den größten Anteil bei den Praktikern stellen die Freiberufler, gefolgt von den bei Berufsgenossenschaften und Unfallkassen tätigen Psychologen (Tab. 1)

Tätigkeitsspektrum

Die Psychologen besetzen ein breites Tätigkeitsspektrum. Es reicht von den klassischen Themen der Gefährdungs-, Belastungs- und Beanspruchungsanalyse, der Arbeitsgestaltung und Ergonomie, der Verhaltensmodifikation bis zu den „neueren“ Feldern der betrieblichen Gesundheitsförderung mit den Themen Stress, Erschöpfung, Burnout und Fehlzeiten, der gesundheitsförderlichen Führung und der Einführung oder Entwicklung des Gesundheitsmanagements. Andererseits haben gering besetzte Felder wie z.B. die interkulturelle Kompetenzwicklung oder die Trauma- und Notfallpsychologie noch viel versprechende Entwicklungspotentiale. Auch in der Zukunft werden die beiden wichtigsten Tätigkeitsfelder, die Verhältnis- und Verhaltensprävention als Kernaufgaben der AGS Psychologen eingeschätzt. Das  sind die gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung und die Ergonomie, gefolgt von der Verhaltensmodifikation und –stabilisierung (Tab. 2)

Weiterbildungsbereitschaft und Themen

Überzeugend ist die Weiterbildungsbereitschaft der Psychologen. Über 75% der Praktiker nehmen bereits jetzt regelmäßig an Weiterbildungsveranstaltungen teil. Rund 50% wünschen sich eine Zertifizierung ihrer Weiterbildung, z.B. als Fachpsychologe im AGS. Die wichtigsten Themen sind die Beratung zur Führung und Unternehmensleitung im AGS, Instrumente zur Erfassung psychischer
Beanspruchung im Rahmen von Gefährdungsanalysen gefolgt von Methoden der  gesundheitsförderlichen Teamentwicklung (Tab. 3)

Universitäre Ausbildungsangebote   

In mehr als der Hälfte der 66 Studiengänge  werden die wichtigsten Themen der Verhältnisprävention  abgedeckt: Gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung,  Gefährdungsanalysen, Betriebliche Prävention. Geringer angeboten werden Themen der Verhaltensprävention, u.a. Verhaltensmodifikation und -stabilisierung  oder Eignungsdiagnostik für Arbeitsplätze mit Risikopotential. Nur wenige Studiengänge bieten ein vollständiges Angebot zur betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention an. Umfangreiche Angebote gibt es vor allem an den größeren Instituten. Deutlich wird auch, dass die Ausbildung auf der Hochschulseite Defizite vor allem in den Bereichen Verhaltensmodifikation und –stabilisierung,   Sicherheits-und Gesundheitsmanagement, Management von Teams und Teamentwicklung,  Lernen und Kompetenzentwicklung, Sicherheit und Zuverlässigkeit in komplexen Systemen aufweist. (Tab. 2).

Tab. 1 Arbeitgeber von Psychologen und Psychologinnen im Berufsfeld des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Angaben als absolute Zahlen (N) und in Prozent, N= 257.

Arbeitgeber     N Prozent
Hochschule, Forschungseinrichtung 90 35,02
Freiberufler 76 29,57
DGUV(Berufsgenossenschaft, Unfallkasse) 35 13,61
Unternehmen 23  8,95
 Bund, Land, Kommune 15  5,83
Gesetzliche Krankenkasse  3  1,16
Sonstige 15  5,83

Tab. 2 Tätigkeitsspektrum in den AGS Tätigkeitsfeldern,  Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten (F&E) an Hochschulen, Lehrveranstaltungen (LehrV) der Studiengänge  Psychologie an 66 deutschen Universitäten (Uni) und aus Sicht der Hochschulangehörigen (HS). Angaben in Prozent.

Tätigkeitsfelder Praxis
Heute/ Zukunft
N=167
F&E
HS
N=90
LehrV
Uni./HS
N=66/90
Gesundheitsförderliche
Arbeitsgestaltung/ Ergonomie
80/84 78 59/57
Verhaltensmodifikation und -stabilisierung 64/65 44 9/37
Gefährdungs-, Belastungs- und  Beanspruchungsanalysen 57/31 + 55/+
Betriebliche Prävention: Stress, Erschöpfung, Burnout, Fehlzeiten 52/60 43 50/49
Management von Teams, Teamentwicklung 47/45 24 +/33
Lernen und Kompetenzentwicklung 43/50 41 +/32
Gesundheitsförderliche Führung 40/50 36 5/35
Sicherheit und Zuverlässigkeit in komplexen Systemen 36/35 18 15/12
Sicherheits-und Gesundheitsmanagement 28/28 33 32/33
Eignungsfeststellung:   Arbeitsplätze mit Risikopotential 20/23 9 8/14
Trauma/Notfallpsychologie 14/17 4 +/1
Interkulturelle Kompetenzentwicklung 10/20 6 +/7

 Tab. 3: Themen in der Weiterbildung und ihre Präferenzen bei Praktikern und Angehörigen von Hochschulen (HS/FE) in Prozent (Mehrfachnennungen). Die Tabelle ist nach den Anforderungen der Praxis absteigend sortiert.

Themen der Weiterbildung Praxis
N=167
HS/FE
N=90
Beratung zur  Führung und Unternehmensleitung im AGS 49 43
Instrumente zur Erfassung psychischer
Beanspruchung im Rahmen von Gefährdungsanalysen
42 34
Methoden der  gesundheitsförderlichen Teamentwicklung 39 34
Methoden der gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung 33 34
Mitarbeiter gesundheitsförderlich führen 32 31
Betriebliche Altersstrukturanalyse und Gestaltungsmaßnahmen 32 30
Betriebliche Gesundheitsförderung 31 34
Entwicklung der persönlichen Kommunikations- und Sozialkompetenz 30 26
Neue gesetzliche Vorgaben im AGS 29 20
Stressimmunisierungstraining: Vorgehen, Einsatzmöglichkeiten und Nachhaltigkeit in der Praxis 28 19
Einführung des Gesundheitsmanagements 26 18

Quellen

Zimolong, B. (2009), Professionalisierung der Psychologie im Arbeits- und Gesundheitsschutz – von der Unfallforschung zur betrieblichen Gesundheitsförderung. In B. Ludborzs & H. Nold (Hrsg.), Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit Entwicklungen und Visionen 1980 – 2008 – 2020 (S. 411-431). Kröning: Asanger Verlag. Professionalisierung_2012

Zimolong, B., Günther, V.  & Damke, C. (2012), Perspektiven der Professionalisierung in der Community ASIG. In Georgios Athanassiou, Sabine Schreiber-Costa & Oliver Sträter (Hrsg.), Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit, 17. Workshop 2012 (S. 21-26). Kröning: Asanger Verlag Professionalisierung_2009